Reverse Financials
Kurz & Knapp
Reverse Financials ist eine Methode zur Analyse und Planung der Wirtschaftlichkeit einer Geschäftsidee. Es wird dabei von einem gewünschten finanziellen Ergebnis ausgegangen und ermittelt, was notwendig ist, um dieses Ergebnis zu erreichen. Es erfolgt also eine Rückwärtsrechnung.
2-10 Personen
ca. 2h
Vorlage, Whiteboard/Plakat
Vorgehensweise
Mit der Reverse Financials Methode untersuchen Sie die Tragfähigkeit einer Geschäftsidee, indem die BMC in ein finanzielles Modell überführt wird.
- Angestrebtes finanzielles Ergebnis definieren (z.B. Umsatz oder Gewinn)
- Faktoren analysieren, die das Ergebnis beeinflussen (Preis, Kosten, Vertriebskanäle, … bspw. anhand der Segmente der BMC)
- Gegenüberstellung von Einnahmen und Kosten
- Einarbeiten von zukünftigen Entwicklungen in Form von Szenarios (bspw. höhere Produktverkäufe, Bedarf für Weiterentwicklungen, …)
- Maßnahmen und Strategien ableiten, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen (bspw. Einführung neuer Produkte, alternative Erlösmodelle oder Preisstrategien, Prozessoptimierungen, …)
Tipps & Tricks
- Seien Sie bei der Aufstellung der finanziellen Ziele realistisch.
- Analysieren Sie sorgfältig die Einflussfaktoren auf Ihr finanzielles Ergebnis und konzentrieren Sie sich auf die Faktoren mit dem größten Einfluss.
- Behalten Sie bei den Schätzungen und Berechnungen (ähnlich zur Erstellung einer Business Model Canvas) eine gewisse Flughöhe und verlieren Sie sich nicht in Details.
- Bei der Aufstellung von Szenarios kann es hilfreich sein, in Worst-, Best- und Base-Case zu denken. Ein weiterer möglicher Ansatz ist die nähere Betrachtung und Schätzung unterschiedlicher Kundensegmente, bzw. unterschiedlicher Märkte.
Beispiel
Für den Geschäftsmodellentwurf rund um das Wertangebot „Individuelle Trainingspläne“ sollen Reverse Financials konzipiert werden. Die dabei verwendeten zahlen sollen vor allem zur Verdeutlichung dienen und erheben hierbei keinen Anspruch auf real auftretende Kosten und Einnahmen.
In dieser Rechnung wird angenommen, dass die neue Dienstleistung mit einem Gewinn von 0€ bezogen auf das Einführungsjahr eingeführt wird. Damit soll also das Minimum ermittelt werden, das erzielt werden muss, um eine kostenneutrale Einführung zu ermöglichen. Mit der neuen Dienstleistung wird eine höhere Kundenbindung und eine attraktivere Gestaltung des bisherigen Angebots an Fitnessgeräten durch die Verknüpfung von physischen Produkten mit digitalen Dienstleistungen angestrebt, weshalb der Gewinn zunächst sekundär behandelt wird. Daher soll erprobt werden, wie oft eine App zu einem bestimmten Preis verkauft werden soll, um kostenneutral zu wirtschaften.
- angestrebter Gewinn: 0 €
- Kosten für App-Entwicklung: 1.000.000 €
- Kosten für Data Scientists: 500.000 €
- Kosten für Erfahrungswissen von Sportexperten: 500.000 €
- monatliche Kosten für den Betrieb der digitalen Infrastrukturen: 5.000 €
- Plattformgebühren für App-Bereitstellung: 20% des erzielten Umsatzes auf der Plattform
Gewinn = Umsatz - Kosten Plattformgebühren - sonstige Kosten
Gewinn = (Anzahl Downloads * App-Gebühren) - Plattformgebühren - Kosten für App-Entwicklung - Kosten für Data Scientists - Kosten für Erfahrungswissen - monatliche Kosten für Infrastrukturen * 12
0 = (Anzahl Downloads * App-Gebühren) - (Anzahl Downloads * App-Gebühren) * 20% - Kosten für App-Entwicklung - Kosten für Data Scientists - Kosten für Erfahrungswissen - monatliche Kosten für Infrastrukturen * 12
(Anzahl Downloads * App-Gebühren) = (Kosten für App-Entwicklung + Kosten für Data Scientists - Kosten für Erfahrungswissen - monatliche Kosten für Infrastrukturen * 12) / 80%
(Anzahl Downloads * App-Gebühren) = (1.000.000 € + 500.000 € + 500.000 + 5.000 € * 12) / 0,8
(Anzahl Downloads * App-Gebühren) = 2.060.000 € / 0,8
(Anzahl Downloads * App-Gebühren) = 2.575.000 €
In dem folgenden Beispiel müssen also 2.575.000 € durch App-Verkäufe generiert werden, um kostenneutral zu wirtschaften. Basierend auf diesen Erkenntnissen können nun verschiedene Szenarien aufgestellt werden:
- Szenario 1 (Worst Case): Einmalige App-Gebühren von 1 €:
In diesem Beispiel müssten im ersten Jahr 2.575.500 Apps verkauft werden.
- Szenario 2 (Base Case): Einmalige App-Gebühren von 30 €:
In diesem Beispiel müssten im ersten Jahr (aufgerundet) 85.834 Apps verkauft werden.
- Szenario 3 (Best Case): Monatliche App-Gebühr von 4 €:
In diesem Beispiel müssten (aufgerundet) 53.646 Nutzer über 1 Jahr Nutzungsgebühren von 4 € im Monat bezahlen.
Quellen
- Workshop Reverse Financials
IIT Berlin (2021)