Eine Schlüsselressource – Gelebte Vertrauenskultur

Vertrauen in die Vision: KI im vorausschauenden Service-Management

Ein Bericht über die Erfahrungen des Geschäftsführers eines Herstellers für Prüfmaschinen

Die Notwendigkeit einer Neuorientierung

Das Industrieunternehmen entwickelt und produziert seit mehreren Jahrzehnten Prüfmaschinen und hat sich zu einem international anerkannten Hersteller etabliert. Es ist jedoch zu erwarten, dass die reinen Maschinen-Umsätze zukünftig stagnieren werden – so lautet die Prognose des Geschäftsführers. Im Rahmen dieses Berichts wird er Herr Gepf genannt, kurz für Geschäftsführer eines Prüfmaschinenherstellers. Um langfristig den Erfolg des Unternehmens zu sichern, sollen die Service-Umsätze steigen. Dazu arbeitet Gepf mit einer Projektgruppe an einem KI-basierten Geschäftsmodell mit dem Fokus auf ein vorausschauendes Service Management.

Um Wachstum zukünftig über Service-Umsätze zu generieren, sei es weder zielführend noch kosteneffizient, dass Service-Techniker „irgendwo auf einer Autobahn Deutschlands dann unterwegs“ sind. Ziel ist es, dass der Kunde über die Einsatzdauer der Maschine entsprechende Meldungen bekommt, damit er proaktiv in die Maschine eingreifen kann und zum Beispielmitgeteilt bekommt, wann ein Ersatzteilpaket oder eine Wartung notwendig ist.

Im Rahmen von Condition Monitoring und Predictive Maintenance werden Maschinen-Daten überwacht und ausgelesen, um Aussagen und Vorhersagen über den Zustand der Prüfmaschinen über einen bestimmten Zeitraum zu treffen. Hinsichtlich einer vorausschauenden Wartung und Pflege des Systems schafft das Unternehmen mit den bisher erfassten Sensordaten eine Basis für die Entwicklung einer KI. Das Unternehmen verbündet sich im nächsten Schritt mit einem externen Partner, der die erhobene Datenbasis auslesen und mit entsprechender Expertise zu einer KI weiterverarbeiten kann.

Digitale Affinität als Schlüsselkompetenz

Vor Beginn des Projekts konnte sich Gepf noch nicht vorstellen, wie Daten für ein KI-Modell aufbereitet und weiterverwendet werden können. „Da waren wir noch völlig blank (…), recht blauäugig (…), noch nicht vorbereitet.“ Auch heute ist im Unternehmen noch nicht klar, welche Daten im Endeffekt benötigt werden, um eine Relevanz herauszufiltern. Es wurden bewusst mehr Daten aufgenommen und mehr Maschinenzustände beobachtet – ob die Menge an Daten und Messpunkten überhaupt notwendig ist, wird sich noch zeigen.

Gepf spricht davon, dass das Unternehmen in den letzten zehn Jahren eine hohe digitale Affinität entwickelt hat, indem immer wieder Software-Systeme für einzelne Prozesse oder Abteilungen implementiert wurden und darüber hinaus auch für Kunden Software-Lösungen angeboten wurden. Digitale Systeme haben das tägliche Arbeiten deutlich vereinfacht und die Motivation sowie das Vertrauen der Mitarbeitenden in digitale Lösungen gestärkt.

„Man braucht Leute, die eine hohe digitale Affinität haben, die auch eine hohe Affinität haben für technische Neuerungen und natürlich nicht nach dem Prinzip leben (…): ‘Früher war alles besser.‘“

Nach zehn Jahren vermehrtem Einsatz in der Digitalisierung erhielt das Unternehmen vor kurzem eine Auszeichnung als digitalaffines Unternehmen, was laut Gepf intern für Euphorie und ein höheres Selbstbewusstsein sorgte.

Alle ziehen an einem Strang

Teamgeist und das gemeinsame Arbeiten an einer Vision sind laut Gepf Grundpfeiler für eine erfolgreiche Umsetzung von innovativen Projekten. Dass Visionen gemeinsam entwickelt und auch gemeinsam vorangebracht werden, sollte kontinuierlich und authentisch vorgelebt werden. Projekte, die in der Vergangenheit erfolgreich bewältigt und abgeschlossen wurden, tragen zu einem höheren Selbstbewusstsein und Vertrauen in neue Visionen und Projekte bei. Gepf ist davon überzeugt: Wenn der praktische Nutzen eines Projekts für den Kunden und den einzelnen Mitarbeitenden sichtbar gemacht und glaubhaft dargestellt wird, dass die Innovation ein zentraler Faktor für die Überlebensfähigkeit des Unternehmens ist,

„dann ist es auch klar, dass jeder an einem Strang zieht“.

Besonders gerne erinnert sich Gepf an Projektsitzungen, wenn das Team vor Ideen sprühte und dabei ein euphorischer Hype im Projekt entstand. Innerhalb des Unternehmens sind von der Geschäftsleitung, über IT- und Service-Leitung bis hin zur Leitung von Elektronik und Regelungstechnik fast alle Bereiche vertreten. Darüber hinaus beteiligt sich der Hersteller für Prüfmaschinen gemeinsam mit anderen Institutionen an einem Verbundprojekt zum Thema KI-basierte Geschäftsmodelle. Zum Projektstart vor ein paar Jahren war noch nicht klar gewesen, dass sie damit vollkommen am Puls der Zeit sind, berichtet Gepf.

Fokus auf das Wesentliche

Im Verlauf des Projekts – rät Gepf – sollte man Acht geben, sich nicht zu verzetteln oder Zeit zu investieren und Dinge zu entwickeln, die nicht elementar für die Zukunft des Unternehmens sind. Seiner Meinung nach ist es von hoher Bedeutung, im Voraus zu entscheiden, ob die KI-Implementierung intern oder von einem externen Partner durchgeführt werden sollte. Gleichsam sei es wichtig zu entscheiden, in welchem Unternehmensbereich oder bei welchen Prozessen KI konkret eingesetzt werden soll.

„Das Wichtigste ist (…) die Auswahl, was will ich mit KI umsetzen und bewerkstelligen. Da muss man sich ganz klar sein. Ansonsten kann es natürlich auch so sein, dass dann so ein Projekt zum Grab wird.“

Vor dem Start eines solchen Projekts, sollte klar adressiert werden, was das konkrete Ziel ist und wie es umgesetzt werden soll. Vor allem KMU seien bezüglich ihrer personellen und finanziellen Ressourcen enger gespannt als größere Unternehmen.

Diese „bieten da ihren Mitarbeitern vielleicht auch mal einen Spielplatz, wo sie sich austoben können – das ist bei kleineren, mittelständigen Unternehmen meines Erachtens nicht möglich,“ betont Gepf.

Im Moment arbeiten die Projektmitarbeitenden neben ihrem Tagesgeschäft on top an dem KI-Geschäftsmodell, was eine Herausforderung für den zeitlichen Projektablauf und die aktive Umsetzung darstellt. In Zuge dessen vertritt Gepf die Ansicht, dass KI das tägliche Arbeiten im Unternehmen zwar vereinfachen und beschleunigen kann, jedoch sieht er nicht, dass dadurch in Zukunft Arbeitsplätze abgebaut werden können. In anderen Branchen könne er allerdings nachvollziehen, dass es dahingehend Ängste und Befürchtungen gibt.

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