Raus aus dem Verborgenen – KI und die Frage nach Vertrauen
Ein Bericht über die Erfahrungen eines Projektmanagers für die Bauwerksdatenmodellierung von Infrastrukturanlagen
KI-basierte Systeme schleichen sich ein
Der Projektmanager und Partner in einem mittelständischen Bauunternehmen ist für den Bereich der Bauwerksdatenmodellierung für Infrastrukturanlagen, wie zum Beispiel ÖPNV oder anderen Anlagen von Verkehrsgesellschaften, verantwortlich. Im Rahmen dieses Berichts wird er Probad genannt, kurz für Projektmanager der Bauwerksdatenmodellierung. In seinem Unternehmen werden bereits verschiedenste KI-Systeme wie ChatGPT beispielsweise für die Erstellung von Konzepten, räumlichen Analysen, Präsentationen oder Zusammenfassungen genutzt. Dabei herrscht eine große Diskrepanz zwischen den jüngeren und den älteren Beschäftigten. Gerade jüngere Mitarbeitende weisen eine hohe technologische Affinität auf, sind in ihrem Privatleben mit technologischen Innovationen wie KI-basierten Systemen konfrontiert und nutzen diese auch aktiv. Im Berufsalltag finden innovative Applikationen für sie schnell eine Anwendung; so haben einige Mitarbeitende selbstständig KI-Anwendungen in ihren Arbeitsalltag implementiert. Als Probad davon hörte, stellte sich für ihn die Frage, ob das nötige Wissen und ein Bewusstsein dafür, KI-basierte Arbeitssysteme sicher anzuwenden, überhaupt vorhanden war. Die Entwicklung wollte er nicht aufhalten, aber sie fördern – auf eine transparente, auf gemeinsamen Austausch basierenden Art und Weise. Denn die Vorteile einer Erleichterung der Arbeit durch die Automatisierung repetitiver Tätigkeiten, die Unterstützung bei der Datenanalyse sowie die Hilfe beim Schreiben von Berichten und Konzepten sprachen für sich. In einer Partnerrunde schlug er die aktive und offizielle Nutzung verschiedener KI-Office-Tools vor, die Mitarbeitende bei ihren Aufgaben unterstützen sollten. In Zuge dessen sollte einerseits Transparenz über die Nutzung solcher Tools geschaffen werden und gleichzeitig ein kritischer Umgang mit den Ergebnissen sowie eine Sensibilisierung für Themen wie Datenschutz und Urheberrecht erfolgen.
Gemeinsamer Austausch
Als Führungskraft möchte Probad nicht nur darüber Bescheid wissen, mit welchen Mitteln das eigene Team arbeitet, sondern diese auch aktiv dazu bewegen, Prozesse und Ergebnisse sowohl zu verstehen als auch zu hinterfragen. Eine offene und transparente Kommunikation ist für ihn ein hohes Gut; er will sicherstellen, dass Arbeitsprozesse wie die Nutzung KI-basierter Systeme nicht im „Verborgenen“ stattfinden. Um einen Austausch unter den Mitarbeitenden anzuregen, eröffnete er eine unternehmensinterne „Connections“-Gruppe. Diese Gruppe soll als ein „Ort zum Erfahrungen teilen - auf ganz lockere Art“ dienen. Hier können Mitarbeitende sich austauschen, Tipps geben, Erfolgsgeschichten erzählen oder auch absurde oder lustige Momente mit dem Team teilen. Die Resonanz ist groß, die Gruppe wird aktiv genutzt und der Austausch verbindet.
„Dann kommen die Dinge, die wirklich wichtig sind, die kommen dann eher zum Tragen, als dass jemand im „Verborgenen“ das die ganze Zeit nutzt und du weißt es nicht.“
Neben den technischen Vorteilen sieht Probad auch die Chance, individuelle Defizite, wie zum Beispiel sprachliche Barrieren von nichtdeutschen Muttersprachler:innen, mithilfe von KI aufzuwiegeln. Das Schreiben von Bewerbungen oder Anschreiben mit KI sieht er auch gelassen: „Wir nutzen ja auch einen Taschenrechner als Hilfe zum Rechnen. Also ich finde, das darf man nicht zu hoch aufhängen.“ Um auch ältere Beschäftigte mit an Bord zu holen, hat Probad eine klare Devise: Die Anwendungen sollen Mitarbeitende einfach einmal selbst ausprobieren. Ein Kollege gab beispielsweise zu Beginn an, dass ChatGPT wie Google nur eine Datenbank sei, änderte aber schnell seine Meinung und war beeindruckt, als der das Programm selbst testete. Fehlendes Vertrauen und Kritik von Beschäftigten stammen laut Probad oft aus Unwissenheit.
„Ich finde, man muss verstehen, was es kann. Nur dann kann man für sich abwägen.“
Sensibilisieren und hinterfragen
Die kommunikative Stärke generativer KI-Anwendungen begeistern Probad ebenso, wie die Geschwindigkeit und Fülle an bereitgestellten Informationen; „so kannst du innerhalb von fünf Minuten quasi 15 Bände Brockhaus quer springen“. Den Hauptvorteil gegenüber anderen Technologien und Softwares sieht er im „Zugeschneiderten“ und dem Ausbleiben von Sponsoring oder Werbung, wie es zum Beispiel auf Suchmaschinen wie Google üblich ist. Daten dennoch zu hinterfragen und wachsam zu bleiben sei unabdingbar. Eine Evaluation sowie die Klärung von Sinn und Zweck vor der Implementierung KI-basierter Systeme seien zentrale Bedingungen für eine reibungslose und zielgerichtete Nutzung. Dazu gehöre auch die Prüfung, ob ein bestimmtes KI-System überhaupt für das Unternehmen geeignet ist. Probad hat große Visionen für weitere Nutzungsmöglichkeiten von KI-basierten Systeme, allerdings ist er der Meinung, dass die Ergebnisse immer noch einmal hinterfragt und überprüft werden sollten. Es dürfe nicht zu viel von einer KI erwartet werden.
„Ich sage mal, du kriegst vielleicht gute 60 Prozent irgendwie so hin und dann musst du entweder so viel nachschreiben, also nachfordern – dann kannst du auch fast schon selbst schnell zu Ende tippen.“
Aus diesem Grund sei eine offene Fehlerkultur sehr wichtig, genauso wie eine kontrollierte Nutzung und eine Sensibilisierung der Mitarbeitenden. So könnten böse Überraschungen vermieden werden. Die zentralen Herausforderungen sieht Probad in dem „Erkennen, wo kommt es her? Wer hat es programmiert? Was ist das für ein Stand? Was sind das für Daten?“ „Dieses Verifizieren der Ergebnisse, das muss halt eigentlich noch durch jemand Drittes stattfinden.“
Blick nach vorn
Es erfordere Mut und Offenheit, sich auf etwas Neues einzulassen. Die Entscheidung zur Implementierung der Systeme stellte sich laut Probad am Ende als richtig heraus, denn der Wandel sei nicht aufzuhalten und das Unternehmen habe auch die Verpflichtung dazu, anschlussfähig zu bleiben. Die Zukunft der Firma sowie die Bedeutung für potenzielle zukünftige Beschäftigte sollte stets berücksichtigt werden. KI-basierte Systeme bieten laut Probad große Potenziale und er blickt optimistisch in die Zukunft.
„Selten kommst du ins Büro und sagst, heute werfe ich alles über Bord, heute fange ich alles neu an, machst du ja nicht, sondern du hast irgendwie Zeitdruck, du hast Terminstress und hastest dich so von einem zum anderen, dann nimmst du immer so dieses Altbewährte (…). Ich glaube, manchmal können dazu ganz neue Anstöße oder neue Ereignisse ganz neue Ideen geben.“
Eine Unternehmenskultur, geprägt von gegenseitigem Vertrauen und offener Kommunikation bleiben für ihn die zentralen Grundpfeiler im Umgang mit neuen Technologien.