Inspirationsquelle und Branchenrevolutionär – KI zwischen Kür und Pflicht
Ein Bericht über die Erfahrungen eines Beraters in einer PR-Agentur
Informationsbeschaffung im Umbruch
Die PR-Agentur ist in den Bereichen Nachhaltigkeit, Ernährung und Gesundheit sowohl für Kunden aus der Forschung als auch für NGOs und privatwirtschaftliche Unternehmen tätig. Etwa zehn bis zwölf feste und freie Mitarbeitende entwickeln PR-Ideen, Kampagnen und Maßnahmenpakete. Einer der Public Relations Berater im Unternehmen hat sich der Nutzung KI-basierter Systeme angenommen und unter anderem ChatGPT als Recherche-Tool für Pressemitteilungen oder Blogartikel eingesetzt. Im Rahmen dieses Berichts wird er Bepra genannt, kurz für Berater in einer PR-Agentur. Neben Chat-GPT werden im Unternehmen auch andere KI-Systeme beispielsweise für Präsentationen genutzt.
„ChatGPT versteht verschiedenste formulierte Fragen und auch komplizierter formulierte Aufgaben, die man ihm stellt und fasst diese Ergebnisse von Google praktisch für einen zusammen. Und damit kommt man zu Ideen, die man sonst übersehen hätte.“
Das KI-gestützte Computermodell zur Sprachverarbeitung unterstützt tägliche Arbeitsvorgänge und wird in erster Linie zur Informationsbeschaffung verwendet. Gegenüber der klassischen Google-Suche, die langwierig und für Bepra teilweise nicht immer zu befriedigenden Ergebnissen führte – vor allem bei fehlendem Interesse oder Inspiration für das jeweilige Thema – habe ChatGPT das Potenzial, diese Probleme zu lösen. Bepras Ziel war es, „dass ich zu qualitativ hochwertigeren Blogbeiträgen in kürzerer Zeit komme“.
Weniger Stress durch Recherche-Unterstützung
Vor der Implementierung wurde die Problemstellung deutlich, als sich Bepra in einem Rechercheprozess zu einem Blogartikel über ein ihm unliebsames Thema wieder fand. „Egal welche Suchbegriffe ich eingebe, ich bekomme nicht den Content, den ich brauche“, erinnert er sich. Die Inspiration und Kreativität blieb aus, doch in der Branche wurde bereits über die Nutzung des KI-gestützten Tools ChatGPT diskutiert und auch seine ehemaligen Kollegen aus einer Marketingagentur schwärmten von den vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten, der Arbeitserleichterung und erheblichen Zeitersparnis. Daraufhin wollte Bepra das System einmal selbst ausprobieren, was von seinem Chef mit Begeisterung unterstützt wurde. Mithilfe von ChatGPT fand er Anregungen und Informationen, „die ich über Google nicht gefunden hätte, weil sie in anderen Sprachen sind“. Bepra war sofort begeistert:
„Es hat mich wirklich positiv überrascht, was ich alles daraus geboten bekomme.“
Das KI-System biete eine beinahe unvergleichliche Informationstiefe und -fülle, die er vorher nicht oder nur mit einer vielfach höheren Zeitinvestition erreichen konnte. Bepra erlebte in Folge der Implementierung eine spürbare Stressreduktion durch das Werkzeug.
„Ich konnte abends besser einschlafen, weil ich nicht drüber nachdenken musste, dass mich dieses Thema mit der Recherche schmerzt, weil ich wusste, dass ich so eine gute Recherche-Unterstützung habe.“
Innerhalb des Unternehmens gab es eine kleine Aufklärungsrunde mit dem Motto: „Da wird sich ein Artikel drüber durchgelesen, dann wird es mal installiert und ausprobiert.“ Eine spezielle Fortbildung oder Heranführung gab es nicht. Ratsam wäre es jedoch laut Bepra, dass neue Kolleginnen und Kollegen im Unternehmen zukünftig idealerweise eine „Lern-Session“ durchlaufen sollten, in der gezeigt wird, „was man damit alles machen kann“.
Nutzung kritisch reflektieren
Bepra betont, dass sich ChatGPT direkt als neues Nutzungstool etabliert und Google als Rechercheplattform zumindest für ihn persönlich damit ersetzt hat. Allerdings müssten die Ergebnisse immer noch einmal kontrolliert werden – als Bestätigungs- und Erweiterungstool diene dann wiederum die Suchmaschine Google. Auch das Nacharbeiten und die kreative Hand des Menschen bleibe in der Bearbeitung von KI-generierten Inhalten unerlässlich. „Ich habe sozusagen eine neue Kreativität gefunden. (…) Es ist kein Tool um eins zu eins zu kopieren, sondern wirklich ein Recherche- und Informationstool, was neue Quellen aufmacht.“
Nichtsdestotrotz räumt Bepra ein, dass ChatGPT „eigentlich nur ein Spiegel des Internets ist“ und die Ergebnisse dadurch ungefiltert und teilweise rassistisch seien. Dass ausgegebene Antworten nicht unbedingt wahr oder richtig sind, sei wichtig im Hinterkopf zu behalten. Durch das Stellen von (Nach-)Fragen und eine Rückkopplung mit anderen Quellen könne das Tool besser genutzt werden. Ein wesentlicher Lernprozess war für ihn, wie Fragen oder „Prompts“ am besten formuliert werden müssen, „um das richtige Ergebnis zu triggern“. Da das Tool in der kostenlosen Version genutzt wird, kommt es manchmal zu Überlastungen der Website und diese ist nicht erreichbar. Weil Bepra sich schnell an die Nutzung gewöhnt hatte, war die Unerreichbarkeit der Anwendung für ihn eine Herausforderung.
„Nachdem ich das Tool ein paar Mal benutzt habe, war die Abhängigkeit davon dann da. (…) Man wusste, man kann das einfach anwerfen und darüber sich Informationen holen, die man sonst in einer stundenlangen Recherche geholt hätte.“
Am Puls der Zeit
Das gesellschaftliche Ansehen und den aktuellen Ruf von ChatGPT empfindet Bepra als eher negativ, die KI-Anwendung wäre als „Cheat-Tool“ bekannt. Aus diesem Grund weiß er nicht, ob es gut wäre, wenn die Kunden der PR-Agentur herausfänden, dass ihre Texte mithilfe von KI geschrieben werden. Doch obwohl das System einige Mängel aufwies, sei es nicht fair, es deswegen schon im Voraus zu verurteilen. Eine Aufklärung über die Möglichkeiten und Grenzen von KI wäre hilfreich, um negative Vorurteile zu beseitigen. Perspektivisch, „vielleicht nicht morgen und vielleicht nicht in zwei Jahren, (…) aber auf Dauer“ sieht Bepra, dass die PR-Branche aufgrund von KI-Tools schrumpfen wird und Arbeitsplätze eingespart werden. Es sei wichtig, offen und transparent darüber zu reden und das bereits gesammelte Wissen über die Nutzung aufzubauen und innerhalb des Unternehmens weiterzugeben, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.
„Das nicht zu nutzen, das würde einen Wettbewerbsnachteil bedeuten, weil wir ja schon wissen, dass Konkurrenten oder Mitbewerber das auch tun.“
Da die bisherige Nutzungsdauer von ChatGPT im Unternehmen noch recht kurz ist, sei es zu früh, um ein abschließendes Resümee aus dem Prozess zu ziehen. Für Bepra steht aber außer Frage, dass Unternehmen mit der Zeit gehen und sich neue Tools aneignen müssen, um nicht von der Konkurrenz abgehängt zu werden. Bisher hat die Nutzung nur positive Effekte wie eine erhebliche Zeitersparnis bei Rechercheaufgaben und qualitativ bessere Textinhalte gezeigt. Um den Anschluss nicht zu verlieren, war es von zentraler Bedeutung, früh mit der Nutzung des Tools zu beginnen.
„Es hat uns nicht geschadet und es hat nur positive Effekte bis jetzt und wir sind am Puls der Zeit mit dabei.“