Die Bedeutung von Partnerschaften- „Es funktioniert immer“
KI und die Analyse von Maschinendaten - Ein Bericht über die Erfahrungen des Leiters Global Sales Digital eines Anbieters für Fabrik- und Prozessautomation
Nichts Neues
Der Innovationstreiber für Fabrik- und Prozessautomation ist in erster Linie Hersteller und Vertreiber von Steuerungs- und Automatisierungstechnik und ist weltweit mit eigenständigen Vertriebs- und Produktionsgesellschaften vertreten. Seit ein paar Jahren werden darüber hinaus auch digitale Produkte und Lösungen entwickelt und verkauft. In zahlreichen Kunden-Projekten weltweit werden Daten aus Produktionsmaschinen ausgelesen, die mithilfe von KI-Verfahren analysiert werden, um ungeplante Stillstände zu vermeiden oder Produkteffizienz und -qualität zu optimieren. Die Kunden sind sowohl Maschinenbauer als auch produzierende Unternehmen. Ihnen entstehen durch die digitalen Komponenten direkte Vorteile wie eine höhere Maschinenlebensdauer, eine optimale Produktionsleistung und der Erhalt einer hohen Qualität der produzierten Produkte. Der Leiter Global Sales Digital beschäftigt sich mit einem Team aus IT-Fachleuten, Mathematikern und Automatisierungstechnikern mit der Datenanalyse und -modellierung mithilfe von Künstlicher Intelligenz. Er selbst ist gelernter Automatisierungstechniker. Im Rahmen dieses Berichts wird er Herr Leds genannt, kurz für Leiter der Global Sales Digital. Leds sagt grundsätzlich: KI ist lediglich ein Werkzeug zur vorausschauenden Überwachung von Daten und beruht auf Mathematik und Statistik.
„Dabei werden bekannte Algorithmen und mathematische Verfahren verwendet, um Daten innerhalb der Maschine zu analysieren, ein Datenmodell zu trainieren und im Live-Betrieb Anomalien und deren Verhalten vorausschauend zu interpretieren.“
Partnerarbeit und Analyseverfahren
In Folge des Entschlusses, Data Analytics mithilfe von KI zu betreiben und somit einen zusätzlichen Geschäftsbereich ins Leben zu rufen, hat das Unternehmen ein Start-Up-Unternehmen mit eigenem KI-Software-Tool zugekauft. Leds‘ Tipp für zukünftige KI-Anwender ist nämlich: „Mach es mit einem Partner.“ Gerade für kleine oder mittelständische Unternehmen wäre es sehr aufwendig und ineffizient im Bereich Data Analytics alles selbst zu machen. Die unternehmensinterne Data-Science und Software-Expertise wurden mit der extern erworbenen Toolbox des Start-Ups verwoben und daraus eine finale Lösung entwickelt. Das genutzte Analyseverfahren verfolgt fünf Stufen: Im ersten Schritt erfolgt die Identifizierung und die Verbindung der relevanten Maschinendaten. Das Trainieren eines Datenmodells mit Rohdaten aus der Vergangenheit bildet den zweiten Schritt. Im dritten Schritt wird das Datenmodell evaluiert und optimiert. Daraufhin wird das Datenmodell mit Live-Daten aus der Maschine verglichen, was den vierten Schritt darstellt. Im finalen Schritt finden eine Klassifizierung und Bewertung der Daten statt, die Rückschlüsse auf beobachtete Anomalien und zugleich Voraussagen über die zukünftige Maschinennutzung zulassen. Im Rahmen dieses fünfstufigen Verfahrens lassen sich ungeplante Maschinenstillstände durch vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) vermeiden, Ausschuss durch aufkommende Fehler im Produktionsprozess (Predictive Quality) reduzieren, oder der Anstieg des Energieverbrauchs erkennen (Predictive Energy). Die Ergebnisse der KI führen allerdings nicht zu einer automatischen Rückkopplung in eine Aktorik. Der Mensch macht den nächsten Schritt, nachdem ein Wert ermittelt wurde.
„KI in der Produktion, bzw. Automatisierungstechnik kann man als schwache KI bezeichnen, da die Analysen und Ergebnisse der KI nicht direkt eine Änderung in der Funktion einer Maschine auslösen. Die Ergebnisse werden lediglich angezeigt und es entscheidet letztlich ein Mensch was passieren soll, zum Beispiel ob eine Wartung durchgeführt wird, oder der Produktionsprozess angehalten oder angepasst wird.“
White Collar versus Blue Collar
Leds lernt nach eigener Aussage, was KI angeht, jeden Tag dazu und eignet sich infolgedessen auch immer wieder neue Meinungen an. Im Moment beobachtet er eine für Ihn interessante Debatte: „Die White Collars werden eher ein Problem haben als die Blue Collars.“ Mit White Collar werden sogenannte Weißkragen bezeichnet, d.h. Angestellte im Büro-, Handels- oder Dienstleistungsbereich. Mit Blue Collars sind Arbeiter oder Handwerker gemeint. Leds zeichnet das Beispiel eines hochbezahlten Marketing-Experten, der Analysen und Marktstudien durchführt, die eine KI sehr viel schneller erledigen kann und stellt das Beispiel eines Werksmitarbeiters gegenüber, der Maschinen repariert.
„Stellen Sie sich das Bild vor: Eine Maschine in einer Werkshalle repariert sich selbst. Das ist schwer vorstellbar. Warum? Dazu bräuchten Sie eine aufwendige, hochflexible und vollautomatisierte Maschine, am besten einen humanoiden Roboter, der so schnell und zuverlässig arbeitet wie ein erfahrener Instandhalter. Das ist ein Szenario, wo ich sage, je mehr ich mich damit beschäftige mit dem Thema, das mir sehr unrealistisch erscheint.“
Leds vertritt die Überzeugung, dass Maschinen mithilfe von Künstlicher Intelligenz auch in Zukunft nicht in der Lage sein werden, sich selbst zu reparieren. Dies wäre schon aus finanziellen Gründen unrealistisch, da dies niemand bezahlen könne.
Drei Tipps zum Schluss
Leds‘ erster Tipp lautet: Man muss sich im Klaren darüber sein, was man konkret erzielen möchte und dann den Mut besitzen, es einfach zu tun. Er betont:
„Es gibt hier nicht 'Wir probieren es mal aus und gucken, ob es funktioniert.' Es funktioniert immer.“
Algorithmen sind mathematische Funktionen und erzeugen immer ein Ergebnis. Die Herausforderung sei es, die Ergebnisse zu nutzen und dadurch eine Optimierung der Maschinenleistung zu erreichen, bzw. Kosten einzusparen, um somit die Gesamteffizienz einer Maschine oder Anlage zu steigern. Den zweiten Tipp greift er nochmals vom Beginn auf:
„Mach es mit einem Partner“.
Der dritte Tipp, den er anderen Unternehmen geben möchte, ist, die Nutzung von KI als Standard zu sehen.
„Das Nutzen von Daten und das vorausschauende Analysieren dieser Daten wird in allen Automatisierungskonzepten, in allen Maschinen und in allen Branchen Standard werden in naher Zukunft.“
Leds sieht den Trend bereits heute. „Vor zwei, drei Jahren war es noch ein bisschen Jugend forscht.“ Darüber sei der heutige Stand der Dinge weit hinweg. So wie vor vierzig Jahren die speicherprogrammierte Steuerung in Maschinen zum Standard wurde, wird es bald Standard werden, Daten aus Maschinen zu analysieren und zu nutzen.